HHVG: Mit Direct Access zu mehr Autonomie in der Physiotherapie

„Das Thema Direct Access ist ein aktuelles eHealth-Thema, das auch politisch sehr stark diskutiert wird. Ohne auf die medizinische Seite eingehen zu wollen ist aber Fakt, dass dies administrativ mit den üblichen Bordmitteln nicht auf die Schnelle zu lösen ist. Natürlich versucht man, dies erneut im Rahmen von Modellversuchen mit Anträgen, Papier und Kontrollen aufwändig zu pilotieren. Dabei ist gerade Direct Access ein Paradebeispiel dafür, wie komplexe Papierprozesse durch digitale Lösungen elegant, schnell und punktgenau gelöst werden können. Mit den trägen Prozessen muss endlich Schluss sein: Mit Direct Access und digitalen eHealth-Lösungen gegen den Reformstau im Gesundheitswesen“, erklärt Istok Kespret von HMM Deutschland GmbH.

Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG)

Vor wenigen Wochen ist das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) in Kraft getreten. Ein Fokus richtet sich dabei auf die Steigerung der Qualität von medizinischen Hilfsmitteln, aber auch auf eine Stärkung von Therapieberufen. Die Grundlohnsummenbindung und Blankoverordnungen sind zwei Bereiche, die mit dem HHVG neu geregelt werden und direkten Einfluss auf die Arbeit von Physiotherapeuten nehmen.

Testphase für Direct Access

Bislang gab es für Physiotherapeuten zwei Modellvorhaben zum Direct Access bzw. zu Blankoverordnungen. Obwohl diese durchaus positive Ergebnisse lieferten, gab es dennoch Diskrepanzen, die von den zwei verschiedenen Konzepten der Modelle abhängig waren. Für eine klarere Entscheidung soll diese Testphase mit dem HHVG ausgeweitet werden. So erhoffen sich die Experten eine breitere Informationsgrundlage für die Entscheidung, ob die erprobte Versorgungsform für eine Überführung in die Regelversorgung geeignet ist.

Das Modellvorhaben sieht dabei vor, dass Therapeuten größere Handlungsspielräume erhalten. In Bezug auf die Blankoverordnung schreibt weiterhin der behandelnde Arzt ein Heilmittel vor; anschließend wählt der Heilmittelerbringer die Art der Behandlungseinheit sowie die Dauer und Frequenz der Therapie aus. Auf diese Weise werden zum Beispiel Physiotherapeuten stärker in die Versorgungsverantwortung eingebunden. Da diese Modellvorhaben kassenartenübergreifend durchgeführt werden sollen, liefern sie deutlichere Ergebnisse über deren Wirksamkeit. Auch diese Testphase ist aktuell auf einen Zeitraum von drei Jahren beschränkt.

Grundlohnsummenbindung

Vor Inkrafttreten des HHVGs galt für Heilmittelverträge der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V. Mit der Neuregelung im März 2017 wird dieser Grundsatz allerdings vorerst bis 2019 ausgesetzt. Auf diese Weise haben Krankenkassen und die Verbände der Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten etc.) einen größeren Spielraum bei der Vereinbarung der Heilmittelpreise. Das bedeutet, dass im oben genannten Zeitraum auch Vertragsabschlüsse oberhalb der Veränderungsrate erlaubt sind. Die Testphase von drei Jahren dient dazu, praktische Einblicke zu bekommen, wie sich die Abschaffung der Grundlohnsummenbindung auf den Prozess der Vergütungsverhandlungen und die weitere Entwicklung der Kosten für Heilmittelleistungen auswirkt.