Patientenzentrierte eVerordnung – Der Patient als Herr über alle Prozesse
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens nimmt Fahrt auf. Auch die Debatte um die technischen, rechtlichen und verfahrensbezogenen Ausgestaltungen der eVerordnung ist im vollen Gang und verschiedenste Projekte hierzu sind bereits gestartet. Die HMM Deutschland GmbH bringt dabei ihre Expertise bei digitalen Versorgungsprozessen in die Ausgestaltung der eVerordnung ein. HMM fokussiert auf den komplexesten Versorgungsablauf für Patienten: Den Prozess für genehmigungspflichtige Versorgungen im Bereich „Hilfsmittel“.
Anders als bei der einfachen Verschreibung von Medikamenten treten hier viele Medienbrüche auf. Zudem sind viele Beteiligte – Ärzte, Patienten und Leistungserbringer – involviert, welche die Leistungserbringung vielschichtig und aufwändig machen.
Istok Kespret, Geschäftsführer der HMM Deutschland GmbH, erläutert die Möglichkeiten der eVerordnung in der Patientenversorgung mit Hilfsmitteln.
Wo liegen denn die Fallstricke in der aktuellen Form der Hilfsmittelversorgung?
Der aktuelle Prozess ist für alle Beteiligten recht unüberschaubar: Angefangen beim Arzt, der in der Regel die Hilfsmittelproduktgruppen, aber die Einzelheiten der Produkte oft nicht kennt. Er muss sich mit aufwendigen Produktverzeichnissen auseinandersetzen, hat aber vorab keinen Kontakt zur Krankenkasse. Somit ist er nicht über Vertragsgepflogenheiten informiert. Ebenso hat der Patient normalerweise keinerlei Einblick in den Prozess und weiß oft nicht, welcher Leistungserbringer ihn richtig versorgen kann. Dies endet dann häufig in einer großen Suche für den Patienten oder den Angehörigen und wiederholten Nachfragen beim verschreibenden Arzt.
Wie sehen Sie die Rolle der eVerordnung in der Versichertenversorgung mit Hilfsmitteln?
Die Umsetzung der eVerordnung für Hilfsmittel ist für alle Beteiligten – den Patienten, den verschreibenden Arzt und den versorgenden Leistungserbringer – eine Win-Win-Situation und führt zu einem unglaublichen Fortschritt in der Digitalisierung des Gesundheitswesens. In der Vergangenheit stand am Anfang einer Hilfsmittelversorgung der Eingang der Verordnung auf Papier bei dem Leistungserbringer oder der Krankenkasse. Die eVerordnung für den Bereich Hilfsmittel hat dagegen das Potential, alle Beteiligten künftig in Echtzeit zusammenzubringen.
Wie sieht dieser Fortschritt genau aus?
Mit der eVerordnung in Definition der HMM hat der Patient stets die Möglichkeit, seinen Leistungserbringer wie in der Vergangenheit auch selbst auszusuchen.
Durch den digitalen Informationsfluss ist dann möglich, dass bereits am nächsten Tag das Hilfsmittel schon beim Patienten angekommen oder eine Beratungsleistung durch das Sanitätshaus erbracht wurde. Mit diesem Wegfall einer Verordnung auf Papier werden auf Anhieb viele Zeitfresser und Kostentreiber aus dem Versorgungsablauf eliminiert, die ansonsten regelmäßig im bisherigen Prozess entstehen. Die Vision der eVerordnung ist es, dass der Arzt direkt und digital aus seinem Arztinformationssystem verordnet, der Patient die eVerordnung auf seinem Smartphone hat und die Krankenkasse automatisch genehmigen kann. Der Versorgungsauftrag landet, sofern der Patient es wünscht, noch in der gleichen Sekunde digital und vollautomatisch beim passenden Leistungserbringer „um die Ecke“.
Welche Bedeutung wird die eVerordnung mit Hilfsmitteln für den Versicherten einnehmen?
Die eVerordnung im Bereich Hilfsmittel ist ein „Rundum-sorglos-Parket“ für den Versicherten, denn er ist nicht länger nur Überbringer eines Rezepts an irgendeinen Leistungserbringer. Durch die eVerordnung hat der Patient mit seinem Mobiltelefon immer die Möglichkeit zu verfolgen, wie weit der Antrags- und Genehmigungsprozess bereits fortgeschritten ist. Später ebenfalls – was heute nicht möglich ist – kann der Patient bewerten, wie gut er sich in der Versorgung betreut fühlte. Aber enorm wichtig ist: Der Prozess funktioniert auch ohne Smartphone oder Tablet. Denn unsere Meinung ist, dass jedem Versicherten die Teilhabe an den Vorteilen einer digitalen Versorgung ermöglicht wird. Ganz unabhängig von Alter, technischer Ausstattung oder etwa gesundheitlichen Einschränkungen. Das Handling und das aktive Tracking eines Auftrags wird natürlich Smartphone-zentriert sein – aber es ist nicht notwendig für die Versorgung. Das heißt, dass die Weiterleitung und die Zuweisung eines Rezeptes nach der Wahl des Versicherten auch ohne Smartphone funktioniert, obwohl ein digitaler Prozess genutzt wird. Der Patient ist dabei jederzeit Herr der Prozesse.
Bis wann ist mit einer flächendeckenden eVerordnung im Versorgungsprozess bei Hilfsmitteln zu rechnen?
Der Versorgungsprozess läuft gerade im Pilotbetrieb mit Krankenkassen, Leistungserbringern und ausgewählten Ärzten an. Eine echte flächendeckende Nutzung der eVerordnung für Hilfsmittel wird es geben, wenn der Gesetzgeber final die Rahmenbedingungen für das eRezept und die eVerordnung festgelegt hat. Bis dahin werden wir zusammen mit allen Beteiligten den Prozess technisch, organisatorisch und menschlich optimal gestalten.